Das Thema Einwanderung wird heftig diskutiert. Ob es die Einrichtung eines Übergangswohnheims für Asylsuchende ist, die Benennung einer öffentlichen Straße nach dem Opfer eines rassistischen Mordes oder der Neubau einer Moschee: Was eine relativ kleine politische Entscheidung ist oder die Umsetzung von Landes- oder Bundesrecht sein könnte, gerät leicht zum »Sturm im Wasserglas«, weil vom internationalen »Kulturkonflikt« bis zum »Untergang des Abendlandes« alles mobilisiert wird, sobald die »Anderen« selbstverständlicher, sichtbarer und bleibender Teil des lokalen Geschehens werden (sollen). Neben dem Überraschungsmoment sind es vor allem Fragen der Einschätzung, die bisweilen auch linke Einzelpersonen, Initiativen und Mandatsträger_innen überfordern: Was bringt diese Neuerung oder Veränderung? Wo informiere ich mich selbst? Muss ich überhaupt eine Meinung zu diesem Thema haben? Werden Neo-Nazis mobilisieren?
Linke sind vor diesen Hintergründen oft mit einem Dilemma konfrontiert. Viele engagieren sich beispielsweise seit Jahren für die dezentrale Unterbringung von Asylsuchenden und Geduldeten, also vor allem dafür, dass diese in Wohnungen statt in Sammelunterkünften untergebracht werden. Angesichts der neonazistischen und rechtspopulistischen Kampagnen und Mobilisierungen gegen zentrale Unterkünfte (Heime, Lager) in vielen Gemeinden und Städten sehen sie sich aber gezwungen, eben diese Einrichtungen zu verteidigen. Ähnliches gilt für die Errichtung von Moscheebauten, die sich nicht mehr in einem Hinterhof verstecken, sondern für ein selbstbewusstes Auftreten im öffentlichen Raum stehen.